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Gegenüberstellung

Was haben Wildpferde mit unseren Hauspferden gemeinsam?

Können die Lebensbedingungen heutiger Wildpferde für die Haltung von Hauspferden überhaupt ein Vorbild sein? Tatsächlich sind die heute wildlebenden Pferde Nachkommen verwilderter Hauspferde (Mustangs: Pferde spanischer Abstammung; Pferde der Namibwüste: deutsche Warmblüter, Trakehner) und von daher zweifelsfrei Vorbilder!

Gegenüberstellung von Haltungsformen

Das Schlagwort “artgerechte Haltung” wird gern und oft verwendet, aber völlig unterschiedlich verstanden. Daher sollte man diesen Begriff erst einmal definieren:
“Artgerecht” ist das, woran sich eine “Art” (in diesem Fall das Pferd) im Laufe von Jahrmillionen der Evolution angepasst hat. D.h. artgerechte Bedingungen sind solche, die vom Pferd problemlos bewältigt werden und die es sogar braucht, um gesund zu bleiben. So ist es für ein Pferd nicht nur grundsätzlich möglich, sich fast ständig zu bewegen (gleichmäßig über den ganzen Tag – 24 Stunden - verteilt), es ist vielmehr notwendig für die Gesunderhaltung des Gesamtorganismus! Das Pferd wird in der Natur zu ständiger Bewegung gezwungen durch dauernde Futtersuche und wenn notwendig, die Flucht vor potentiellen Feinden.
“Haltung” ist die Einschränkung durch den Menschen, der ein Pferd wider dessen Natur “hält”.
Also stehen beide Teilbegriffe eigentlich in einem Widerspruch zueinander. “Artgerechte Pferdehaltung” kann daher immer nur einen Kompromiss darstellen.

In der folgenden Tabelle sollen die wesentlichen Punkte gezeigt werden, die direkt und nachweislich die Gesundheit des Pferdes positiv oder negativ beeinflussen. Je näher wir bei der individuellen Haltung unserer Pferde den Bedingungen des wildlebenden Pferdes kommen, desto gesünder werden unsere Pferde bleiben, bzw. desto besser lassen sich vorhandene Probleme wieder beheben.
Hier soll es um prinzipielle Aussagen gehen, in Einzelfällen mag es Ausnahmen geben!

Natürlicher Lebensraum

Boxenhaltung*

Offenlaufstallhaltung**

Laufende Temperaturschwankungen im Tag-Nacht und jahreszeitlichen Rhythmus

Relativ konstante Temperaturen durch geschlossene Räume

Laufende Temperaturschwankungen im Tag- Nacht und jahreszeitlichen Rhythmus

Unterschiedliche Klimareize wie Schnee, Regen, Wind, Sonne

Abschirmung von Klimareizen durch Stallhaltung und Decken

Unterschiedliche Klimareize wie Schnee, Regen, Wind, Sonne; Schutz durch Unterstand wählbar

Immer frische Atemluft

Schlechte Atemluftqualität durch stehende Luft und geschlossene Räume

Immer frische Atemluft

Natürliches Licht

Weniger Licht, oft Kunstlicht

Natürliches Licht

Ständige Bewegung durch Nahrungssuche und Flucht 20-30 km tgl. (!) über 24h gleichmäßig (!) verteilt; keine längere Ruhezeit über Nacht!

Bewegungsmangel und nur ungleichmäßige Bewegung

Ganztägig Bewegungsmöglichkeit, Bewegungsanreize nötig!

Kein Tag-Nachtrhythmus durch ständige Nahrungssuche und Fluchtbereitschaft

Aufgezwungener Tag-Nachtrhythmus

Kein Tag-Nachtrhythmus

Ständiges Herdenleben

Kein oder nur zeitweise Gruppenleben

Ständiges Herdenleben

Reizvielfalt

Reizarmut

Relative Reizvielfalt

Stressabbau durch Bewegung möglich

Stressabbau nur bedingt möglich

Stressabbau durch Bewegung möglich

Nahrungsvielfalt; Fressen ständig in kleinen Mengen

Kaum Nahrungsvielfalt; zu wenige zu große Portionen

Möglichst Nahrungsvielfalt; Fressen möglichst ständig in kleinen Mengen

Natürliche Körperhaltung mit Kopf tief durch Nahrungssuche am Boden

Unnatürliche Körperhaltung mit Kopf hoch durch Krippenfutter, Heuraufen, hochgeschlossene Boxen

Überwiegend natürliche Körperhaltung durch Bodenfütterung

Im jahreszeitlichen Rhythmus schwankendes Körpergewicht

i.d.R. konstantes Körpergewicht; plötzliche Schwankung durch Reiter

Im jahreszeitlichen Rhythmus bedingt schwankendes Körpergewicht; plötzliche Schwankung durch Reiter

Freiliegende Ruheplätze

Geschlossene, separierte Ruheplätze

Angebot von freiliegenden und überdachten (trockenen) Ruheplätzen

Tägliche Hufbäder beim Trinken in Wasser oder Uferschlamm; kein Ammoniakeinfluss

Wenig oder kein Wasser an den Hufen; Ammoniakeinfluss durch Einstreu

Tägliche Hufbäder; kaum Ammoniakeinfluss

Kein Fett an den Hufen

Oft Fett an den Hufen

Kein Fett an den Hufen

Kein Schutz vor Hornabrieb

Oft Schutz vor Hornabrieb durch permanenten Hufschutz (Beschlag)

Kein Schutz vor Hornabrieb

Nachwachsen und Abrieb des Hufhorns sind im Gleichgewicht, korrekte Hufform erhält sich selbst

Kein oder ungleichmäßiger Abrieb, Entwicklung von Fehlstellungen durch Bewegungsmangel

Oft zuwenig Abrieb, aber korrekte Hufform wird durch regelmäßige Hufbearbeitung erhalten

Gute Hornqualität durch unterschiedliche Böden und viel und gleichmäßige Bewegung

Oft schlechte Hornqualität durch zu weichen Boden (Einstreu und Sand im Auslauf, Reitplatz, -halle), Ammoniakeinfluss und starken Bewegungsmangel

Gute Hornqualität durch unterschiedliche Böden und viel und gleichmäßige Bewegung

Keine sonstige „Schutzbekleidung“ wie Decken, Gamaschen, Bandagen

Oft „Schutzbekleidung“

Keine Decken und sonstige „Schutzbekleidung“

Hohe Lebenserwartung

Niedrige Lebenserwartung

?

*die Angaben zur „Boxenhaltung“ beruhen auf Durchschnittswerten von weit verbreiteter so genannter „konventioneller Pferdehaltung“, bei der die Pferde auf jeden Fall nachts in einer Box stehen

**mit „Offenlaufstallhaltung“ ist eine optimale Form der Pferdehaltung gemeint; nicht jede als Offenstallhaltung bezeichnete Haltung ist automatisch pferdegerecht!



Die Informationen sind folgenden Büchern entnommen

Bender, Ingolf: Praxishandbuch Pferdehaltung, Franckh-Kosmos, Stuttgart, 1999, ISBN 3-440-07560-5

Deutsche Reiterliche Vereinigung: Richtl. für Reiten und Fahren, Bd 4, FN Verlag, 1997, ISBN 3-88542-284-0

Pick, Maximilian: Neues Handbuch der Pferdekrankheiten, Franckh-Kosmos, 1988, ISBN 3-440-05958-8

Strasser, Hiltrud: Ein Pferdeleben lang gesund, Beate-Danker-Verlag, Oldenburg, 1992 ISBN 3-927456-00-4

Strasser, Hiltrud: A Lifetime of Soundness, Kanada, 2000, ISBN 0-9685988-0-3

Ullstein, Hanns: Natürliche Pferdehaltung, Müller-Rüschlikon, 1996, ISBN 3-275-01209-6-X

Vester, Frederic: Phänomen Stress, dtv, München, 2000, ISBN 3-423-33044-9