Sie sind hier

Tabelle

Temperaturschwankungen/Klimareize

Wie alle warmblütigen Säugetiere müssen Pferde ihre Körpertemperatur von ca. 38 Grad konstant halten, damit die biochemischen Vorgänge in den Zellen ihres Körpers reibungslos funktionieren. Wird die normale Körpertemperatur wesentlich über- oder unterschritten, kann das zu Funktionsstörungen, Krankheiten und im Extremfall zum Tod führen.

Pferde brauchen weder Höhlen als Schutz aufzusuchen noch Kleidung wie der Mensch. Sie sind an die jahreszeitlichen und Tag- und Nachtschwankungen ihrer Umgebungstemperatur perfekt angepasst, ja, sie brauchen diese sogar, um gesund zu bleiben: bei gleich bleibender Umgebungstemperatur sinkt der Hämoglobinwert im Blut, damit wird der Sauerstofftransport eingeschränkt und die Leistungsfähigkeit des Tieres sinkt!

Werden Pferde beispielsweise in Boxen eingesperrt, in denen es in Winternächten oft wärmer ist als tagsüber an der frischen Luft, widersprechen diese Umgebungsbedingungen ihren natürlichen Gegebenheiten vollkommen.

Die manchmal als „empfindlich“ bezeichneten Araber sind tatsächlich Beispiele für hervorragend den extremen Temperaturschwankungen in ihrer Umgebung angepasste Tiere: in ihrem natürlichen Lebensraum, der Wüste, beträgt der Temperaturunterschied teilweise mehr als 40 Grad Celsius innerhalb weniger Stunden!

Fellwechsel

Den jahreszeitlichen Temperaturwechseln passen sich Pferde durch Winter- und Sommerfell an. Dabei haben Pferde des „Südtyps“ eher kurzes und dichtes Winterfell, Pferde des „Nordtyps“ eher dichtes und langes, das Regenwasser besser ableiten kann. Haarwirbel, Langhaar und Kötenbehang sind die „Regenkleidung“ der Pferde, an ihnen läuft das Regenwasser ab, ohne den Pferdekörper übermäßig auszukühlen. „Nordtyp“-Pferde legen sich zusätzlich mehr „Winterspeck“ (Unterhautfettgewebe) an. Haut und Fell werden außerdem durch Talgdrüsen mit einem Fettschutzfilm versehen. Doch Fellwechsel und „Speck“ sind nur möglich, wenn die entsprechenden Klimaanreize vorhanden sind:

Ein im Stall gehaltenes Pferd bildet oft kein ausreichendes Winterfell aus, da der entsprechende Anreiz fehlt. Wird das Stallpferd bei Minusgraden im Gelände geritten, kann sein Körper sich nicht schnell genug auf den starken Temperaturunterschied einstellen und der Temperaturhaushalt kommt durcheinander. Die Immunabwehr wird beeinträchtigt, das Pferd ist wegen seiner fehlenden (natürlichen) Reaktion auf Temperaturschwankungen anfälliger für Infektionen etc.

Aufrichten der Fellhaare

Die einzelnen Fellhaare können sich mittels kleiner Muskeln an den Haarbälgen aufrichten, um die isolierende Luftschicht zu vergrößern, oder sich bei Wärme flach legen. Wie alle Muskeln verkümmern sie, wenn sie nicht trainiert werden!

Im Stall ist die Umgebungsluft (zu) warm, daher werden die Muskeln nicht ausreichend trainiert, weil die Fellhaare nicht aufgerichtet werden müssen – trägt das Pferd eine Decke, ist ein Aufrichten der Fellhaare schon mechanisch gar nicht mehr möglich!

Weit- und Engstellen der Blutgefäße

In der Haut des Pferdes befinden sich viele Blutgefäße, die sich bei Kälte zusammenziehen, um ein Auskühlen zu verhindern, und bei Wärme erweitern, um möglichst viel Blut an der Hautoberfläche zu kühlen. Auch dieses findet mittels kleinster Muskeln statt, die trainiert werden müssen!

Körperkühlung durch Schweiß

Wie beim Menschen dient Schweiß beim Pferd der Kühlung durch Verdunstung. Ist der Körper ausreichend abgekühlt, stellen die Schweißdrüsen ihre Arbeit ein und das Pferd sucht sich oft eine leicht windige Stelle im Auslauf, um sich „trocken föhnen“ zu lassen. Im Stall kann dieser natürliche Kühlvorgang nicht richtig funktionieren, weil es oft wärmer ist, die nötige Luftbewegung fehlt und das Pferd so länger schwitzt („Nachschwitzen“). Die Felltrocknung dauert ebenfalls länger, da die Luftbewegung fehlt, was wiederum die „Kühlzeit“ verlängert und die Gefahr einer Unterkühlung erhöht. Gerne wälzen sich Pferde nach der Arbeit, um die Restfeuchtigkeit aus dem Fell zu drücken, genau so wie Menschen sich die Haare frottieren. Das Abziehen des nassen Fells mit einem Schweißmesser ist nicht empfehlenswert, weil es die Fellhaare an den Körper drückt und verklebt und davon abhält, sich aufzurichten.

Abschwitzdecken verlängern das Schwitzen (halten zuviel Wärme) und verlangsamen die Felltrocknung (Gefahr des zu starken Auskühlens). Ein Pferd, das sich Wälzen und sich dann im Auslauf bewegen kann, wie es will, trocknet wesentlich schneller! Auch Abreiben oder Trockenreiten sind eigentlich nicht nötig (wenn man das Pferd dies allein tun lässt), schaden aber selbstverständlich nicht!

Zittern

Durch Zittern kann mit wenig Energieaufwand die Blutzirkulation angeregt und Wärme produziert werden. Zittern ist daher wie bei den meisten Tieren ein natürlicher, gesunder Vorgang, um die Körpertemperatur zu erhöhen, da eine Erwärmung durch Bewegung einen höheren Energieaufwand bedeuten würde.

Da die Haut des Pferdes viel besser durch kleine Hautmuskeln beweglich ist (jeder kennt das Zucken, mit dem ein Pferd beispielsweise einzelne Fliegen auf dem Körper abwehren kann), ist das Zittern des Pferdes nicht direkt mit einem zitternden Menschen vergleichbar!

Fohlen

Wild lebende Jungtiere sind vom ersten Tag ihres Lebens an den gleichen Umgebungsbedingungen ausgesetzt wie ihre Eltern und besitzen die gleichen Regulationsmöglichkeiten! Im Stall können sie also von Anfang an ihre Temperaturregulation nicht trainieren, sind daher „empfindlicher“ und werden allzu oft gerade deshalb noch mehr im Stall festgehalten, wodurch sie noch „empfindlicher“ werden….

Wie schnell friert ein Pferd?

Häufig wird übersehen, dass die Wärme abgebende Körperoberfläche eines Menschen im Verhältnis zu seiner Körpermasse 20 mal so groß ist wie die eines Pferdes – das heißt, dass ein Mensch 20 mal schneller friert (oder auskühlt) als ein Pferd!

In gewissen krankhaften Situationen, die z.B. mit einer starken Schwächung des Kreislaufs einhergehen, kann es sinnvoll sein, das Pferd für kurze Zeit einzudecken, um die nicht mehr funktionierende Thermoregulation durch eine zusätzliche Isolierschicht zu ersetzen.

Umstellung

„Die Umstellung vom ungesunden – warmen und schlecht belüfteten – Stall zur Offenstallhaltung oder zur Weide findet auch im Winter ohne jeden gesundheitlichen Nachteil statt, die Umstellung von der Weidehaltung in den Stall wird fast immer mit gesundheitlichen Problemen verbunden sein.“
Dr. med. vet. Maximilian Pick



Zurück zur Tabelle

Atemluft

Frischluft enthält ca. 21% Sauerstoff und ca. 0,03% Kohlenstoffdioxid (das entspricht einem Verhältnis von Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid = 700 : 1) bei durchschnittlich 65% relativer Luftfeuchte. Die Ausatmungsluft des Pferdes enthält ca. 16% Sauerstoff und 4% Kohlenstoffdioxid (4 : 1). Bei nicht ausreichender Frischluftzufuhr (in geschlossenen Ställen) nimmt also der Sauerstoffgehalt rapide ab, der Kohlenstoffdioxidgehalt extrem schnell zu! Mit zunehmender Kohlenstoffdioxidkonzentration in der Umgebungsluft wird die Sauerstoffaufnahme des Organismus behindert. Schon ab einem CO² Gehalt von 0,2% der Luft findet keine ungestörte Atmung mehr statt, es kommt zu erhöhter Puls- und Atemfrequenz, Stoffwechselstörungen, Apathie, Müdigkeit und einem verringerten Hämoglobingehalt im Blut.

Ein Großpferd atmet pro Minute ca. 62 Liter Luft ein (5 l pro Atemzug). In 24 Stunden atmet es ca. 3000 Liter Kohlenstoffdioxid aus. Zum Ausgleich müssten pro Pferd stündlich ca. 200 m³ (in 24 Std. 4800 m³) Frischluft zugeführt werden, was in einem geschlossenen Stall technisch kaum möglich ist! Zum Vergleich: eine Box mit 10 m² Grundfläche bei einer Stallhöhe von 4m hat ein Luftvolumen von nur 40 m³!

Das Pferd als extremes Lauftier braucht viel Frischluft, es kann unter starker Belastung 30 mal soviel Sauerstoff aufnehmen wie unter normalen Bedingungen (ein Hund dagegen 10 mal, ein Mensch 20 mal).

Ein zweiter wichtiger Faktor ist Ammoniak (NH³), ein Gas, das bei der Zersetzung von Urin frei wird. Ab einem NH³ Gehalt der Luft von 0,003% beginnt eine nachweisliche Schädigung der Atmungsorgane (Schleimhautreizungen, Husten, Dämpfigkeit). Das Gas verbindet sich mit Wasser (z.B. der Schleimhäute) zu Salmiakgeist und greift diese an. Auch die Augen können davon betroffen werden!

Des Weiteren enthält die Stallluft weitere schädliche Stoffe wie das Faulgas Schwefelwasserstoff (H²S), das in Konzentrationen ab 0,04% lebensbedrohliche Schäden verursachen kann.

Heu- und Strohstaub reizen die Schleimhäute zusätzlich.

Die Luftfeuchtigkeit erhöht sich in einem geschlossenen Stall deutlich durch Atmung und Hautausdünstungen (6 Liter Wasser in 24 Std. pro Pferd) und Verdunstungen der Exkremente. Je feuchter die schmutzige Stallluft ist, desto mehr Krankheitskeime enthält sie.

„Eine lungengesunde Haltung mit viel frischer Luft im Offenstall härtet zugleich auch gegen andere Infektionen ab, beugt Krankheiten vor und stabilisiert die Psyche des Pferdes enorm.“
Dr. med. vet. Jürgen Bartz

Dr. Maximilian Pick weist darauf hin, dass ihm keine Krankheiten durch Zugluft bekannt sind, im Gegenteil, Pferde bevorzugen von sich aus Örtlichkeiten mit Luftbewegung.

„Fohlen, die vorwiegend im Stall aufgezogen werden, unterliegen einer wesentlich höheren Infektionsrate...Aus hygienischer Sicht ist der Geburt auf der Weide vor der Geburt in der Box der Vorzug zu geben.“
Dr. med. vet. Maximilian Pick

Auch für Operationen bevorzugt Dr. Pick nach Möglichkeit die „keimfreie“(!) Weide.



Zurück zur Tabelle

Licht

Ultraviolettes Licht stimuliert über die Haut den Stoffwechsel und trägt zur Vitamin D - Produktion bei. Fensterglas absorbiert ultraviolettes Licht fast vollständig! Solarien können das Sonnenlicht nicht ersetzen, da Pferde das gesamte Spektrum benötigen. Besonders im Stall gehaltene Fohlen leiden unter Lichtmangel (Rachitis, Wachstumsstörungen). Auch der Mangel an Lichtreizen über das Auge wirkt sich nachteilig auf den Stoffwechsel aus (Störung in der Bildung der weißen Blutkörperchen, Störung des Harnstoffwechsels, des Hormonhaushaltes und des Elektrolythaushaltes etc.)

Als Steppenbewohner ist der Lichtbedarf des Pferdes größer als der anderer Haustiere (Höhlentiere)!



Zurück zur Tabelle

Bewegung

Das Pferd ist in der Natur ständig in Bewegung, meistens im gemächlichen Schritt beim Grasen, hin und wieder im Galopp auf der Flucht, im Schritt oder Trab auf dem Weg zur Wasserstelle oder beim Spielen und Kämpfen. Bei der Futtersuche in der eher kargen Steppe legt es zwischen 15 und 30 km (oder mehr) täglich zurück, gleichmäßig über 24 Stunden verteilt!

Kreislaufunterstützung durch die Hufpumpe

Der gesamte Organismus ist auf ständige Bewegung eingerichtet. Dies ist nötig für den Kreislauf: die Hufpumpe unterstützt wesentlich die Herztätigkeit - das menschliche Äquivalent ist die Wadenpumpe, mit der mittels Muskelkontraktion die venösen Gefäße zusammengedrückt werden und so das Blut aus den Beinen in den oberen Teil des Körpers gepumpt wird. Das Herz eines Pferdes ist verhältnismäßig klein (0,5-1% des Körpergewichts), aber im Zusammenspiel mit dem restlichen Körper enorm leistungsfähig. Dies geht nur mit Unterstützung der Pumpwirkung durch den Hufmechanismus, wozu sowohl Bewegung als auch physiologische Hufform nötig sind.

Verdauung

Durch die Bewegung des Pferdes wird der sehr lange Darm des Pferdes bewegt und der Nahrungsbrei weiterbefördert.

Gelenke

Gelenkknorpel werden nicht durchblutet, sondern nur mittels Diffusion vom umliegenden Gewebe versorgt, d.h. sie werden bei Be- und Entlastung wie ein Schwamm ausgedrückt und saugen sich wieder voll. Fehlt Bewegung, werden sie schlechter versorgt und unterliegen stärkeren Abnutzungserscheinungen. Dies ist auch aus der Humanmedizin bekannt!

Aufwärmen

Ist das Pferd ständig in Bewegung, sind auch die Muskeln ständig warm und die Gelenke „geschmiert“, da das Pferd in der Natur immer fluchtbereit sein muss. Wird ein in der Box gehaltenes Pferd zum Reiten oder sonstiger Arbeit geholt, so muss mittels „Warmreiten, Lockern, Lösen“ das Pferd erst mal in den Normalzustand (!) gebracht werden, bevor die richtige Arbeit beginnen kann. Auch für Pferde, die tagsüber ein paar Stunden auf die Weide kommen, gilt dies prinzipiell: das im noch „kalten“ Zustand Lostoben, um dem aufgestauten Bewegungsdrang genüge zu tun, ist mit einer erhöhten Verletzungsgefahr für die noch kalte Muskulatur verbunden! Bei einem immer draußen mit freier Bewegungsmöglichkeit lebendem Pferd treten all diese Problem gar nicht auf, es ist immer „warm“ und „betriebsbereit“.
Dies gilt natürlich nicht uneingeschränkt für extreme gymnastische Anforderungen (höhere Dressurlektionen), selbstverständlich muss die Muskulatur für solche besonderen Anforderungen speziell aufgewärmt werden.

Bewegungsarm gehaltene Pferde haben nachweislich weniger rote Blutkörperchen im Blut als Pferde in Freilandhaltung und die Knochendichte nimmt ab.

Die paar Stunden Weidegang und (oder nur) die eine Stunde geritten werden eines Boxenpferdes reichen lange nicht aus an Bewegung, weder die Kilometermenge kann annähernd erreicht werden, noch die Zeit, die ein Pferd natürlicherweise in Bewegung ist. Kein Sportler würde täglich eine Stunde voll trainieren und die Zeit davor und danach im Bett verbringen!

„Die gefängnisähnliche Haltung ist die größte Gefahr für die Gesundheit unserer Pferde“
Dr. med. vet. Maximilian Pick

Fohlen

Vor allem für Fohlen ist Bewegung eminent wichtig. „Nur auf der Weide kann ein Pferd seine adäquate Umwelt finden, Herz, Lunge und Muskulatur können sich nur in der Bewegung optimal entwickeln. ...Das Knochenwachstum ist sehr von der ausgiebigen Bewegung des Fohlens abhängig; Stellungsfehler treten besonders häufig bei im Stall gehaltenen Fohlen auf.“ Dr. med. vet. Maximilian Pick

In der Natur läuft das Fohlen schon in den ersten Lebenstagen genauso mit der Herde mit wie jedes andere Herdenmitglied. Etwaige Stellungsfehler, Durchtrittigkeit u.ä. regulieren sich bei viel Bewegung auf festem Boden innerhalb der ersten beiden Lebenswochen.

Größenvergleich

Die Berechnungsformel für die Boxengröße beträgt 2 mal Widerristhöhe zum Quadrat.

“Das Pferd als hochspezialisiertes Lauftier soll also bei einem Stockmaß von 1,70 m mit einer Boxengrundfläche von 12 m² auskommen. Nach dieser Formel wäre ein Dackel in einer Box mit den Ausmaßen von vier Bierkisten unterzubringen, 23 Stunden am Tag, um ihn eine Stunde spazieren zu führen!“
Hanns Ullstein jun.

Und ein Dackel ist kein so ausgeprägtes Lauftier wie ein Pferd, der Vergleich zeigt nur die Größenverhältnisse!



Zurück zur Tabelle

Tag- und Nachtrhythmus

Im Gegensatz zum Menschen, der nachts durchschnittlich acht Stunden am Stück schläft, hat das Pferd keinen ausgeprägten Tag- und Nachtrhythmus! Als Flucht- und Beutetier könnte es sich gar nicht leisten, so lange zu schlafen, da es hilflos den Raubtieren ausgesetzt wäre. Auch braucht der Pflanzenfresser 16-18 Stunden am Tag zur Nahrungssuche und -aufnahme.

Ein Pferd döst immer mal wieder zwischendurch einige Minuten, schläft auch im Liegen, aber selten länger als eine halbe Stunde am Stück.



Zurück zur Tabelle

Herdenleben

Pferde leben in der Wildbahn in einem konstanten Herdenverband mit einer eindeutigen Rangordnung, die natürlich trotzdem immer wieder neu in Frage gestellt werden kann. Dies gibt ihnen psychische Sicherheit (ein Pferd allein ist schutz- und chancenlos den feindlichen Fleischfressern ausgeliefert), und sie können so diverse Instinkte im Sozialverhalten ausleben (psychische Ausgeglichenheit).
In der Herde herrscht eine „Aufgabenteilung“, während einige Pferde ruhen, hält mindestens eines Wache und warnt bei herannahender Gefahr. Nur so können die anderen wirklich entspannt dösen oder schlafen. Ein Pferd, das alleine leben muss, muss ständig selbst Wache halten, kann nie in Ruhe schlafen und lebt daher ständig unter Stress.
Eine Ziege oder ein Schaf sind keinerlei Ersatz für Pferdegesellschaft, da die Verhaltensweisen innerhalb der Herde bei diesen Tieren andere sind als bei Pferden, sie sprechen sozusagen nicht dieselbe Sprache!
Bei fehlendem Sozialkontakt langweilen sich die Pferde, leiden unter Vereinsamung, entwickeln „Unarten“ wie Koppen oder Weben. Auch solche psychischen Störungen kennt man aus der Humanmedizin als Hospitalismus. Ist die Psyche nicht gesund und ausgeglichen, so leidet auch die körperliche Gesundheit und Funktionstüchtigkeit. Das gilt für alle Lebewesen!



Zurück zur Tabelle

Reize

Zum Ausleben von Instinkthandlungen braucht es bestimmte Reize als Auslöser. Lebt das Pferd in einer reizarmen Umgebung, kommt es zu einem Triebstau, der dazu führen kann, dass das Pferd zu „ungünstigen“ Zeitpunkten seine Instinkte auslebt: z.B. übermäßiges Scheuen unter dem Reiter, allgemein erhöhte Unfallgefahr! Diese Reize können Klimareize sein (Wind und Wetter), Reize durch das soziale Umfeld (Herdenverhalten), potentiell gefährliche Gegenstände oder Geräusche, Bewältigung von Aufgaben, bei denen das Pferd „denken“ muss usw.
Der Mensch hält viele natürliche Reize vom Pferd fern. Psychische Unterforderung führt zum Hirnschwund. Die Folgen können Organfunktionsstörungen, Verhaltensstörungen und Beeinträchtigungen der Sinnesorgane sein.
Daher sollte man den Auslauf abwechslungsreich gestalten (z.B. Bodenhindernisse einbauen, auf die die Pferde achten müssen und ihre Konzentration und die Motorik des Bewegungsapparates trainieren. Ebenso kann man das Pferd bei der Arbeit immer wieder mit neuen schwierigen Aufgaben konfrontieren, sei es, schwierige Bodenverhältnisse im Gelände oder interessante Aufgaben bei der Bodenarbeit auf dem Reitplatz.



Zurück zur Tabelle

Stress

Stress ist ein seit Millionen von Jahren in allen höheren Tierarten und dem Menschen eingebauter Verteidigungsmechanismus, der das Überleben garantiert: bestimmte Signale aus der Umwelt wie Bewegungen, Geräusche oder Gerüche lösen typische Mechanismen aus: bestimmten Hirnregionen wird Angst signalisiert, das Fluchthormon Adrenalin und das Agressionshormon Noradrenalin werden ausgeschüttet. Dadurch erhöht sich der Blutdruck und der Herzschlag wird schneller (Fluchtbereitschaft). Gleichzeitig kommt es zu einer Denkblockade (Denken würde zu lange dauern) und stattdessen zu Reflexhandlungen. Verdauungs-, Sexualfunktionen und Immunabwehr werden ausgeschaltet, damit alle Energie auf Flucht bzw. Angriff konzentriert werden kann. Dadurch kommt es zu einer kurzzeitig erhöhten Infektionsanfälligkeit und/oder Angstdurchfall. Die Zahl der roten Blutkörperchen wird erhöht (bessere Sauerstoffver- und Kohlenstoffdioxidentsorgung) und die Blutgerinnungsfaktoren steigen schlagartig an, um bei eventuellen Verletzungen den Blutverlust im Rahmen zu halten.

Diese Reaktion auf „Stress“ ist ein lebensrettendes Programm der Natur und wird dort immer nur kurzzeitig aktiviert!

Durch die der Anspannung folgende körperliche Aktivität (Kampf, Angriff, Weglaufen, Flucht usw.) werden die Stresshormone und freigesetzte Energiereserven wieder abgebaut und es folgt eine Erholungsphase, sobald die akute Gefahr vorüber ist. Die Erregung klingt ab und die Körperfunktionen normalisieren sich wieder.

Daher ist „Stress“ an sich nichts Negatives, sondern trainiert die körpereigenen Reaktionen auf Reizwirkungen. Können allerdings mangels Bewegung die Stresshormone nicht abgebaut werden, bedeutet dies Dauerstress ohne richtige Erholungsphase und die ausgeschalteten oder eingeschränkten Körperfunktionen bleiben dauerhaft eingeschränkt!

Für das Pferd ist dies bei Boxenhaltung der Fall, es erhält ständige Stressreize aus der Umgebung (Menschen, Hunde, Nachbarpferde, Geräusche, Gerüche von außen), kann nicht nachsehen, bzw. riechen, ob diese wirklich eine Gefährdung darstellen (Stressabbau kann auch durch neugieriges Untersuchen und Spielen erfolgen!), und hat keinerlei Möglichkeit zum Stressabbau in Form von Bewegung (Flucht, auch wenn es nur einige Meter sind).

Dauerstress führt zu Nierenproblemen (nicht umsonst sagt man „es geht mir an die Nieren“), Verdauungsstörungen, Koliken durch permanent reduzierte Darmfunktionen, Herz-Kreislaufschwierigkeiten, gestörten Sexualfunktionen. Die Fruchtbarkeit ist bei Zootieren bekanntermaßen deutlich geringer als bei freilebenden Artgenossen, ebenso ist die Erfolgsquote bei sogenannter „Bedeckung an der Hand“, was in erster Linie Stress für Hengst und Stute bedeutet, deutlich schlechter als beim Natursprung.

Auf der psychischen Seite führt Dauerstress zu Verhaltensproblemen, die wir bei Pferden dann verharmlosend als „Unarten“ bezeichnen.



Zurück zur Tabelle

Ernährung

In freier Wildbahn fressen Pferde viele verschiedene Kräuter und Grasarten, knabbern auch mal Zweige oder Blätter. Diese Nahrungsvielfalt können wir unseren Pferden meistens nicht mehr bieten, jedoch kann man versuchen, die Futterzusammenstellung so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.

Und, ganz wichtig: das Pferd frisst eigentlich ständig, und ist nicht für einige wenige grosse Portionen eingerichtet!

Rauhfutter: Heu

Das Grundfutter sollte aus Rauhfutter in Form von Heu bestehen. Dies ist unerlässlich für eine stabile Darmflora (Mikroben, die im Dickdarm die Nahrung zersetzen).
Plötzliche Futterumstellungen erfordern andere Darmbakterien, die aber nicht so schnell verfügbar sind. Daher verhungern die vorhandenen Darmbakterien und sterben ab, wobei Giftstoffe freigesetzt werden, die Koliken, oder auch Hufrehe auslösen können.
Das Pferd sollte ständig die Möglichkeit zum Heufressen haben, da Pferde in der Natur 16-18 Stunden über den Tag verteilt fressen und immer kleine Mengen zu sich nehmen. Der Pferdemagen ist relativ klein (15-20 Liter) und kann leicht überladen werden. Bekommt das Tier einige Stunden lang nichts zu fressen, wie es leider unter Haltungsbedingungen häufig der Fall ist (morgens und abends eine Portion Heu, oft zwischendurch nichts), stirbt schon ein Teil der Dickdarmbakterien ab. Außerdem bildet der Pferdemagen ständig Magensäure, unabhängig davon, ob es etwas zu Fressen bekommt oder nicht (Gefahr von Magengeschwüren)!

Heufütterung mittels Bodenraufen mit geringem Stangenabstand oder aus Heunetzen mit kleinen Maschen hat mehrere Vorteile: da die Hufe größer als die Maschen bzw. Stangenzwischenräume sind, besteht keine Verletzungsgefahr, das Heu bleibt sauberer, als wenn es direkt vom Boden gefüttert würde, und weht nicht weg (weniger Verlust), und die Pferde sind lange beschäftigt, müssen sich ihr Futter „erarbeiten“.

Stroh ist ungeeignet als Futter, da bei der Strohverdauung giftiger Ammoniak im Darm frei wird.

Kraftfutter: Hafer

Hafer ist nach wie vor das Getreide, das für Pferde am besten verdaulich ist und hochwertiges Eiweiß enthält! Die Stärke im Hafer wird zum allergrößten Teil bereits im Dünndarm aufgeschlossen. Dagegen besteht bei beispielsweise Mais oder Gerste die Gefahr, dass zuviel im Dünndarm noch nicht verdaute Stärke in den Dickdarm gelangt, sich dort die Darmbakterien explosionsartig vermehren (aufgrund des plötzlichen Nahrungsangebotes) und ebenso plötzlich absterben (wenn das Angebot verbraucht ist), wobei sie gewaltige Vergiftungserscheinungen (Kolik, Hufrehe) auslösen können.
Ob Hafer ganz oder gequetscht verfüttert werden sollte, streiten sich die Fachleute. Gequetschter Hafer ist sehr schnell verderblich (hält sich nur zwei bis drei Tage), deshalb ist nur sinnvoll, gerquetschten Hafer zu füttern, wenn dieser immer frisch gequetscht wird (man braucht also eigentlich eine eigenen Haferquetsche).

Von sogenannten eiweißarmen oder sogar eiweißfreien Futtermischungen ist abzuraten, da jeder Organismus Eiweiß als Baustoff braucht! Erhält der Organismus zuwenig Eiweiß zugeführt, greift er irgendwann die körpereigenen Eiweißreserven an, d.h. meistens wird Muskelmasse abgebaut. Dabei fallen auch Abfalleiweiße an, die wiederum eine Hufrehe auslösen können. Eiweißüberschuss können die meisten Pferde und Ponys recht gut verkraften und wieder ausscheiden, nur in seltensten Fällen führt dies zu Gesundheitsproblemen.
Oft leiden Pferde (besonders „leichtfuttrige“ Ponys) sogar aufgrund von Eiweißmangel unter Wassereinlagerungen („Hungerbäuche“), die fälschlich als Fett interpretiert werden. Das Pferd bekommt noch weniger oder weniger gehaltvolles Futter, z.B. nur Stroh, zu fressen, worauf die Wassereinlagerungen immer mehr werden, es bekommt noch weniger zu fressen usw. Das kann natürlich früher oder später zu ernsthaften Schädigungen führen.
Füttert man stattdessen dann reichlich Heu, kann sich die Dickdarmflora wieder erholen, und bei vorsichtiger Haferfütterung (mit einer Handvoll anfangen) wird das Wasser ausgeschwemmt, und die Pferde nehmen jetzt tatsächlich ab und können mit entsprechendem Training wieder Muskeln aufbauen.
Wenn das Pferd ständig Rauhfutter zur Verfügung hat und keine allzu großen Mengen Hafer auf einmal bekommt, sollte es nicht nötig sein, eine Ruhepause vor der Arbeit (Reiten) zum Verdauen einzuhalten (wie es Fleischfresser nach dem Fressen tun). Der Pferdeorganismus ist u.a. deshalb auf kleine ständige Futtermengen eingerichtet, damit das Pferd jederzeit fluchtbereit sein kann!



Zurück zur Tabelle

natürliche Körperhaltung

Das Pferd hat natürlicherweise die meiste Zeit den Kopf am Boden beim Fressen. Für diese Haltung wird wenig Muskelarbeit benötigt. Auf dem Weg zur Wasserstelle wird der Kopf auch nur halbhoch (Widerristhöhe) getragen. Hoch erhoben wird er nur beim Kämpfen, für Imponiergehabe und auf der Flucht, dann sind auch viele Muskelpartien angespannt. Dieser Zustand existiert aber immer nur für kurze Zeit!

In Boxenhaltung hält das Pferd die meiste Zeit den Kopf sehr hoch, da es nur so überhaupt etwas von der Umgebung mitbekommt und es auch keinen Grund hat, den Kopf am Boden zu lassen, da es nicht grasen kann und Heu nur kurz gefressen wird. Dies kann langfristig zu Rückenproblemen führen.
Bei hocherhobenem Kopf ist das Pferd in Alarmbereitschaft und angespannt. Mit gesenktem Kopf ist das Pferd entspannt („Friedenshaltung“). Daher ist ein Pferd, solange es den Kopf hoch reißt, nicht in der Lage, sich zu konzentrieren und etwas Neues zu lernen.

Fresshaltung

Schluckt das Pferd mit erhobenem abgewinkelten Kopf (Krippen auf Tischhöhe), so wird der Rachenraum des Pferdes belastet, weil der Bissen nicht glatt „geradeaus“ abgeschluckt werden kann, sondern um die Ecke muss. Auch kann es hier zu Luftverwirbelungen kommen, was besonders schädlich ist, wenn die Luft mit Staub angereichert ist. Daher sollte Kraftfutter in Bodenhöhe angeboten werden.
Die Fresshaltung bei hoch hängenden Heuraufen führt zu Rückenproblemen, auch rieselt der Staub in Augen und Nüstern. Jeder, der schon mal bei der Heuernte Heuballen hochgestapelt hat, kann nachvollziehen, wie unangenehm das ist!

Zähne

Bei der natürlichen Fresshaltung des Pferdes mit dem Kopf gestreckt am Boden passen die Zahnreihen von Ober- und Unterkiefer genau aufeinander. Bei erhobener Kopfhaltung mit abgeknicktem Genick (erhobener Kopf bei Boxenhaltung, Fressen aus Tischhöhe) wird der Unterkiefer nach hinten gedrückt, die Backenzahnreihen passen nicht mehr genau übereinander und es erfolgt eine ungleichmäßige Zahnabnutzung.



Zurück zur Tabelle

Körpergewicht

Das Gewicht des freilebenden Pferdes ändert sich langsam, aber stetig (das Körpergewicht schwankt um bis zu 20 %). Im Sommer/Herbst fressen sich die Tiere „Winterspeck“ an, im frühen Frühjahr sind die Tiere oft sehr dünn, um dann mit dem wachsenden Gras wieder zuzunehmen. Solche jahreszeitlichen Schwankungen sind auch unter Haltungsbedingungen normal und unproblematisch, es ist nicht notwendig, grundsätzlich „dagegen an“ zu füttern.
Im Gegenteil, bleibt das Körpergewicht immer gleich, wird der Stoffwechsel nicht so gefordert wie in der Natur.

Mit Reitergewicht nimmt das Gesamtpferdegewicht plötzlich zu (was beim Reiten natürlich nicht vermeidbar ist), jedoch ist die Höhe des Zusatzgewichts durch Reiter und Sattel normalerweise nicht höher als das Gewicht von „Winterspeck“ oder vom Fohlen bei Hochträchtigkeit.

Der gesunde Pferdeorganismus wird also keinerlei Schwierigkeiten mit solchen Gewichtsschwankungen haben, auch für die Hufe stellt dies kein Problem dar, sofern man das Pferd langsam antrainiert (in der Natur finden die Gewichtsschwankungen ja so langsam statt, dass die Hufe sich automatisch anpassen können). Besonders bei Jungpferden, die auf eher weichem Boden aufgewachsen sind, findet in der ersten Zeit unter dem Sattel eine erhöhte Belastung der Hufe, oft eine stärkere Hornabnutzung statt, weil die Hufe noch nicht an die neuen Anforderungen angepasst sind. Dies reguliert sich mit der Zeit und mit entsprechendem Training.

Das genaue Gewicht seines Pferdes zu kennen, ist nicht nur interessant, sondern wichtig für Medikamentengaben, die Fütterung und z.B. die Dosierung von Wurmkuren. Die mobile Pferdewaage wiegt ihr Pferd unkompliziert bei Ihnen auf dem Hof. www.pferdewaage.com



Zurück zur Tabelle

Ruheplätze

Pferde als Fluchttiere bevorzugen als Ruheplätze offenes Gelände, gern Hügel mit leichter Luftbewegung und Fernsicht. So können Geräusche und Gerüche (auch von potentiellen Feinden) besser wahrgenommen werden, die Umgebung kann beobachtet werden, die Insektenplage ist geringer und solche Gebiete sind in der feucht kalten Jahreszeit trockener als Senken. Außerdem ist der Boden auf Hügeln fester, was eine schnelle Flucht begünstigt.

Ein geschlossener Stall beraubt das Pferd jeder Fluchtmöglichkeit bei potentieller Gefahr. Bei Einzelboxen ist der Körperkontakt zu anderen Pferden stark eingeschränkt oder gar unmöglich. Das Pferd kann sich nicht bewegen, wie es natürlich wäre, es bekommt nicht viel mit von der Umwelt und langweilt sich. Um dieser endlosen Langeweile zu entgehen, erfinden viele Pferde eine Tätigkeit, die wir dann als Unart bezeichnen, wie Koppen, Weben etc. Trotzdem gehen viele Pferde „gern“ in ihren Stall – weil sie wissen, wo es Futter gibt. Pferde sind Gewohnheitstiere und Instinkte können erfolgreich mehr oder weniger unterdrückt werden. Unterschwelliger Stress bleibt bestehen, der später zu Schwierigkeiten in Form von Unarten, Aggressivität, Unausgeglichenheit oder Gesundheitsproblemen führen wird.

Unter Haltungsbedingungen sollte man dem Pferd immer die Möglichkeit geben, sich seine Ruheplätze unter Dach oder draußen selbst zu wählen und - noch viel wichtiger - jederzeit wieder verlassen zu können! Noch hat kein Pferd nach Betreten seiner Box die Tür von innen verriegelt…



Zurück zur Tabelle

Hufbäder

Die Hufe wildlebender Pferde nehmen ein- bis zweimal täglich Wasser auf, und zwar beim Trinken in natürlichen Gewässern. Die Hufe stehen dabei entweder direkt im Wasser oder im Uferschlamm. Der Wassergehalt erhält die für den Hufmechanismus notwendige Eigenelastizität des Hufhorns.
Strahlhorn kann bis zu 50% Wasser aufnehmen, Wandhorn bis zu 20 %. So kann man sich vorstellen, wie ein Huf regelrecht “zusammen“ trocknen kann, er wird deutlich kleiner bei Wasserverlust. Lässt man einen abgeschnittenen Hornspan austrocknen, wird er genauso „steinhart“ wie ein ausgetrockneter Huf, legt man ihn ins Wasser, quillt er auf und wird wieder elastisch.
Auch unter Haltungsbedingungen sollte man darauf achten, dass die Hufe nicht austrocknen, indem man täglich für Hufbäder sorgt, am besten ebenfalls in einem natürlichen oder künstlichem hierfür angelegtem Gewässer. Wenn man z.B. die Tränke in einem solchen Gewässer anlegt, müssen die Pferde ihre Hufe selbständig beim Trinken baden, ohne dass man zusätzliche Arbeit damit hat. Wichtig ist, dass auch der Kronrand von Wasser oder Matsch bedeckt ist, so dass sich die Saumschicht voll saugen kann.
„Zuviel“ Wasser führt nicht zu Hufproblemen, wie z.B. die Camarguepferde zeigen, die den größten Teil des Tages mit den Hufen im Wasser verbringen, wenn ihre Weidegründe überschwemmt sind.
Wir haben in zehn Jahren Berufspraxis noch nie ein Pferd gesehen, dass extrem schlechte Hufe durch zuviel Wasser bekommen hätte! Allerdings passt sich der Huf in einem gewissen Rahmen an die Bodenverhältnisse an, d.h. ein Pferd, das ausschließlich auf einer Moorweide lebt, wird recht weiche Hufe haben, die aber für den Moorboden völlig ausreichen. Probleme gibt es unter Umständen dann, wenn von diesem Pferd eine größere Leistung auf hartem Boden (z.B. Kutsche fahren auf viel Asphalt) erwartet wird. Hierfür müsste das Pferd dann in seiner „Freizeit“ härteren Boden haben oder man verwendet Hufschuhe.



Zurück zur Tabelle

Ammoniakeinfluss auf die Hufe

Ammoniakgas als Zersetzungsprodukt aus Urin bildet mit Wasser Salmiakgeist, eine aggressive, eiweißlösende Lauge, die auch Schleimhäute und die empfindliche Haut in der Fesselbeuge angreifen kann. So entsteht Mauke z.B. häufig, wenn Stallpferde tagsüber auf die Weide kommen. Über Nacht bleibt Ammoniak in der Fesselbeuge „hängen“, bildet dann mit Tau auf der Weide Salmiakgeist und greift die Haut an. Wenn reine Weidepferde Mauke haben, handelt es sich häufig um Stoffwechselprobleme, bzw. der Körper versucht, Schadstoffe über die Haut auszuleiten.

In freier Wildbahn stehen Pferde so gut wie nie im Ammoniak, auf Naturboden verflüchtigt sich dieser sehr schnell, bzw. wird durch Regen weggewaschen. Außerdem zieht die Herde ständig weiter zu neuen Weidegründen. Daher sollte man unter Haltungsbedingungen Einstreu vermeiden bzw. nur sehr sparsam verwenden, da sie mehr oder weniger immer ein Ammoniakreservoir darstellt (besonders die sog. Matratzenhaltung). Ammoniak löst Hufhorn auf bzw. macht es weicher und fördert Fäulnisprozesse.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass Pferde oft den eingestreuten Offenstall als „Toilette“ benutzen und draußen liegen. Der Offenstall oder Unterstand ist nicht in erster Linie zum Liegen, sondern dient dazu, dass die Pferde sich bei extremen Witterungsverhältnissen unterstellen können. Übrigens stehen sie oft nicht unter dem Dach, sondern neben der Schutzhütte im Windschatten. Je nach persönlichen Vorlieben legen sich manche Pferde auch gerne im Offenstall hin, ein Gummiboden oder Sand bei Naturboden ist völlig ausreichend.



Zurück zur Tabelle

Fett auf Hufhorn

Fett oder Öl auf dem Hufhorn kommen in der Natur nicht vor. Wenn Pferdehufe dies benötigen würden, hätten Pferde fettabsondernde Drüsen im Hufbereich oder es gäbe Hinweise darauf, dass sie durch extrem fetthaltige Pflanzen laufen. Da nichts dergleichen der Fall ist, kann man daraus schließen, dass Pferdehufe weder Fett brauchen, noch etwas damit anfangen können, im Gegenteil, dies wirkt sich hinderlich auf den natürlichen Wasseraustausch mit der Umgebung aus und „kleistert“ die Hufe zu. Daher ist ein Fetten der Hufe auch unter Haltungsbedingungen überflüssig und eher störend.
Als man anfing, Pferde auf kleinem Raum ohne ausreichende Bewegung und unter unhygienischen Bedingungen zu halten, stellte man fest, dass sich der Ammoniak negativ auf das Hufhorn auswirkte. Um das Horn zu schützen, trug man eine Schicht Fett auf. Allerdings wirkt Ammoniak sowohl als Eiweißlöser (Hufhorn) wie auch als Fettlöser.
Schon Oberst Peter Spohr schrieb 1897: „Über Hufschmiere: Der Streit, ob eine künstliche Fettung nötig, nützlich oder schädlich sei, ist schon sehr alt.“ Er zitiert aus einem Werk eines Tierarztes von 1846: „das sonst so übliche Einschmieren der Hufe mit Fett oder so genannter Hufsalbe ist gänzlich zu verwerfen; denn es macht die Hornsubstanz entschieden spröde und brüchig.“
Ob heutige Huffette wirklich derart schädlich auf das Horn wirken, mag dahingestellt bleiben. Jedoch geht ein Fetten der Hufe an den Ursachen für mangelhafte Hufqualität vorbei: Bewegungsmangel, unkorrekte Hufform, zu trockene Hufe, Hufbeschlag usw.

Einfetten bzw. Massieren des Kronrandes mit Lorbeeröl soll die Durchblutung des Hufes anregen und damit die Hornqualität verbessern. Lorbeeröl gilt als potentiell krebsauslösend und ist deshalb nicht mehr in Kosmetika enthalten. Außerdem ist umstritten, ob wirklich das Lorbeeröl oder die Massage des Kronrandes an sich die Durchblutung fördert. Hierbei gilt ebenfalls: die Ursache wird nicht beseitigt. Bei einem artgerecht gehaltenen Pferd mit ausreichend Bewegung und korrekten Barhufen sind normalerweise die Hufe ausreichend durchblutet, so dass eine solche Maßnahme sowieso nicht notwendig ist.

Hufhärter: unsere Erfahrungen mit Keralit wurden in etwa von der Cavallo bestätigt: es vermindert den Hornabrieb etwas, aber das Horn neigt dazu, spröder zu werden (härter bedeutet meistens unelastischer gleich spröder). Auch Keralit beseitigt nicht die Ursachen für schlechte Hufe, kann aber in Übergangszeiten helfen, wenn beispielsweise die Zehe zu kurz ist oder das Horn nach Eisenabnahme sehr weich ist oder stark weg bricht. Achtung, Keralit enthält giftige Inhaltsstoffe, deren Langzeitwirkungen noch nicht erforscht sind.

Die meisten der unzähligen Werbefotos, die für eine stark verbesserte Hufqualität in Form von schnellerem Nachwachsen werben, zeigen ein völlig normales, physiologisches Hornwachstum, nämlich etwa 1 cm (Wandhorn) im Monat! Dies zeigt, wie stark das Hornwachstum der meisten Pferde offenbar beeinträchtigt ist, so dass extrem schlechtes Wachstum schon als Normalzustand betrachtet wird. Diese „phänomenalen“ Wirkungen der beworbenen Produkte können mit einer Umstellung der Haltung und korrekter Hufbearbeitung bei ausreichender Bewegung ohne jegliche chemischen oder sonstigen Zusatzmaßnahmen erreicht werden.



Zurück zur Tabelle

Hornabrieb, korrekte Hufform, Hornqualität

Bei direktem Bodenkontakt der Hufe (ohne permanenten Hufschutz) und bei ausreichender Bewegung auf unterschiedlichen Böden kann eine natürliche Abnutzung des nachwachsenden Horns stattfinden und die physiologische Form der Hufe erhält sich im Idealfall selbst. Pferde sind von Natur aus als Steppentiere für härteren Boden eingerichtet, kann man doch auf festem Untergrund wesentlich schneller und sicherer rennen. Außerdem hat der Huf eine verhältnismäßig kleine Grundfläche, die viel zu sehr in weichen, lockeren Boden einsinken würde und dann wesentlich mehr Energie in Form von Muskelarbeit kostet. Das kann man selbst ausprobieren, wenn man einmal versucht, durch eine Reithalle mit tiefem Boden zu laufen. Auch ist es wesentlich anstrengender und benötigt zusätzliche Muskelarbeit, auf wackeligem, zu sehr federndem Untergrund das Gleichgewicht zu halten (man versuche, auf einer Matratze zu stehen oder zu gehen).

Die Hornqualität und das Hornwachstum passen sich an den Boden an, auf dem sich das Tier die meiste Zeit aufhält. Darauf wies schon Xenophon hin, indem er vorschlug, die Pferde auf Kieselboden zu stellen, um die Hufe zu härten.
Graf Wrangel erwähnt in seinem „Buch vom Pferde“ Beispiele für Arbeitspferde, die ihren Dienst ohne Hufbeschlag auf hartem Boden verrichtet haben, wobei betont wird, dass diese Tiere von klein auf an harten Boden gewöhnt worden waren (als Jungtiere wurden sie an den Wagen angebunden und gingen mit, ohne zu ziehen), und sich dementsprechend die Hufe problemlos und in sehr abriebfester Qualität entwickelt haben.
Wie man an heutigen Wildpferden beobachten kann, sind sie durchaus in der Lage, größte Leistungen (sowohl an Kilometern als auch an schwierigem Boden) ohne jeglichen Hufschutz zu vollbringen.

Stundenlanges Stehen führt zu ungleichmäßiger Hufhornabnutzung und in den Folgen zu Hufdeformationen und Stellungsfehlern. Beispielsweise belasten Pferde beim Dösen mit Anwinkelung eines Hinterhufs vermehrt die Außenseite des belasteten Hinterhufs. Bei häufigem Einnehmen dieser Entlastungshaltung wird die Hufinnenseite länger und der Huf immer schiefer, es entwickelt sich zwangsläufig eine O-Beinigkeit. Dies kann man durch regelmäßige Hufbearbeitung korrigieren, jedoch wird es immer wieder auftreten, wenn nicht die Ursache (Bewegungsmangel) zumindest vermindert wird.
Durch den Ammoniak in der Einstreu wird das Hufhorn weicher und anfälliger für Fehlstellungen, indem sich die Hufe leichter „verbiegen“. Auch ist durch mangelnde Bewegung, zu weichen Boden, Hufbeschlag und/oder unphysiologische Hufform die Durchblutung des Hufes an sich schlechter als normal, daher findet die Hornproduktion langsamer und in schlechterer Qualität statt.

Werden hier die Ursachen beseitigt, kann der Huf sich umstellen und besser nachwachsen.



Zurück zur Tabelle

Decken und "Schutzbekleidung"

Decken

Decken behindern den natürlichen Temperaturregelungsmechanismus auf verschiedene Weise: die Haare können sich rein mechanisch nicht mehr aufrichten, das heißt, dass die Muskeln, die die Haare aufrichten, nicht mehr trainiert werden und verkümmern. Das Pferd „verlernt“ das Haareaufrichten und kann es auch nicht, wenn es doch mal nötig wäre.
Das Eindecken bremst die normale Produktion eines Winterfells. Wird das Pferd dann doch einmal ohne Decke draußen geritten im Winter, kann es die plötzliche Kälte nicht kompensieren.
Wenn sich das Pferd bewegt, wird immer mehr oder weniger Wärme produziert (Abwärme der Muskelarbeit). Mit Decke staut sich diese Wärme leichter, das Pferd fängt an zu schwitzen, da die normale Kühlung durch leichte Luftbewegung fehlt.

Auch Abschwitzdecken behindern die natürlichen Mechanismen, das Trocknen des Fells dauert wesentlich länger, da die Luftbewegung fehlt und die Feuchtigkeit geradezu festgehalten wird zwischen den Haaren.

S. dazu auch „Das wohlbehütete Pferd“ von Maximilian Pick, Pferdetierarzt

Bandagen

Da das Pferd unterhalb von Tarsal- und Karpalgelenk keine Muskulatur mehr hat, werden mit Bandagen die Blutgefässe direkt am Knochen abgedrückt. Die Bandage wird im Stehen angelegt, wenn die Blutgefässe einen kleinen Durchmesser haben, bewegt sich das Pferd dann aber bei der Arbeit, müssten sich die Blutgefässe wegen nötiger Mehrdurchblutung der Extremitäten jetzt erweitern, was aber nicht geht, da kein Platz da ist. Besonders betroffen sind die Venen, die keine stabilen Gefäßwände haben und nur durch das Blut an sich „aufgepumpt“ werden.

„Sehnenschoner“

Die Sehnen können nicht mehr frei in der Sehnenscheide gleiten, sondern es entsteht durch die unnatürliche Enge Reibung. Außerdem werden die Sehnen unnatürlich gegen den Knochen gedrückt, da sie im relativ entspannten Zustand bandagiert werden. Unter Zug „schnappen“ die Sehnen dann gegen die Bandagen und es kann langfristig zu Reizungen und Entzündungen kommen. Auch ist die Beugesehne dermaßen überdimensioniert, dass man das ganze Pferd daran aufhängen kann – ein „Sehnenschoner“ kann nie so „stark“ sein, den Beugesehnen ihre Arbeit abzunehmen.



Zurück zur Tabelle

Lebenserwartung

Pferde in ihrer natürlichen Umgebung können weit über 30 Jahre alt werden. Von nordamerikanischen Mustanghengsten wird berichtet, dass einzelne Tiere über 50 Jahre alt geworden seien. Sicher findet eine natürliche Auslese statt, bei der nur die Tiere überleben, die am besten angepasst sind, aber da Pferde im Gegensatz zu beispielsweise Kaninchen normalerweise nur ein Fohlen und das nicht einmal jedes Jahr bekommen, können die Verluste nicht allzu groß sein, sonst wäre eine Erhaltung der Art nicht möglich (beim Kaninchen ist „einkalkuliert“, dass viele Jungtiere gefressen werden, bevor sie sich vermehren konnten, deshalb wird entsprechend viel Nachwuchs produziert).

Unter konventionellen Haltungsbedingungen ist grade heutzutage die Lebenserwartung des Pferdes drastisch gesunken. Das Durchschnittspferdealter nach Versicherungsstatistiken beträgt heutzutage etwa 7 Jahre. Hierbei sind sicher auch Schlachtfohlen mit eingerechnet, die natürlich den Durchschnitt herunterziehen, aber es ist bezeichnend, dass Versicherungsgesellschaften Pferde über 11 bis 14 Jahren (je nach Gesellschaft) nicht mehr lebensversichern.